Quelle:"Aus Rübezahls Heimat" – Jahrgang 1950

Der Stadtbrand von 1861

Bürgerschuldirektor F. Werner schildert als Augenzeuge diesen letzten großen Stadtbrand in der Schulchronik:

"Wiewohl die Stadt Trautenau in ihren Annalen manches Brandunglück verzeichnet hat, so war doch keines so furchtbar wie das, welchem fast die ganze Stadt am 27. Mai 1861 erlag. Das Feuer brach in den Stallungen des Hauses Nr. 61 neben der Kirche aus und ergriff mit rasender Schnelligkeit die sehr trockenen Schindeldächer der umliegenden Häuser und alsbald auch das der Kirche und der Dechantei. Anfangs wehte der Westwind, und das Feuer beschränkte sich auf die Häuserreihe gegen den Kirchhof, doch plötzlich kam der Wind stärker von Osten und trieb Brände über die Stadt, so dass die zu Hilfe Herbeigeeilten plötzlich ihre eigenen Häuser oberhalb des Ringes in Flammen stehen sahen. Alsbald war die ganze Stadt ein Feuermeer, und trotzdem Hilfe von allen Seiten kam, war an ein Löschen und Reiten der Habe nicht mehr zu denken. Die meisten entflohen entsetzt aus der ungeheuren Glut, denn auch die auf dem Platze und unter den Lauben geborgenen Gegenstände kamen in Brand. Viele Häuser, die man bis auf das Dach für feuersicher gehalten, brannten bis in die ebenerdigen Lokalitäten aus, selbst solche mit festen Gewölben. Bei manchen konnte mit großer Anstrengung das erste Stockwerk gerettet werden. Am furchtbarsten wütete das Feuer in den Häusern Nr. 17 und 18 des Kaufmannes Kopper, im Gasthause zum weißen Roß und in Nr. 73, damals Gasthaus zum Löwen, dem Franz Richter gehörig, wo nebst dem ganzen Spezereigewölbe selbst die in den Kellern geretteten Gegenstände verbrannten. Viele Akten im Bezirksamte, fast das ganze Archiv des Rathauses, alle Paramente, die in der Sakristei aufbewahrt wurden, sind damals ein Raub der Flammen geworden. Das Innere der Kirche konnte nur mit Mühe erhalten werden, da selbst die Türe aus der Sakristei und mehrere Kirchenfenster schon brannten. Auch das Schulgebäude (bei der Kirche), in das viele Habe geschafft worden war, und an welchem durch die furchtbare Glut der anstoßenden kleinen Häuser und der Jahrmarktsbuden in dem Schuppen neben dem Bräuhause bereits mehrere Fenster und ein Teil des Daches brannten, war in größter Gefahr, wurde aber durch die Geistesgegenwart des Hausmeisters Josef Emmerling und durch Etrichsche Arbeiter, welche von Seite der Mittelmühle durch die Fenster eindrangen, gerettet. Es ward nachher eine Zufluchtsstätte für viele Obdachlose, zugleich Bezirksamt und Rathaus. Insbesondere entfaltete hier das sich alsbald bildende Unterstützungskomitee seine rastlose Tätigkeit. Schon glaubte man die furchtbare Katastrophe beendet, denn das Feuer brannte nur noch im Innern der Häuser fort, als gegen halb 11 Uhr plötzlich eine große Feuersäule aus dem Kirchturm aufschlug und die Stätte des Unglücks weithin schauerlich beleuchtete. Der Glockenstuhl brannte, die Glocken schmolzen, und mit dumpfem Schalle stürzte ein Teil derselben nach dem anderen unter Schutt und Asche auf das obere Gewölbe des Turmes.

Als der Morgen anbrach, bot die blühende Stadt einen grauenhaften Anblick, nichts als Mauerreste, überragt von geschwärzten Schornsteinen. Es ist nacht möglich, die Szenen des Jammers während und nach dem Unglücke zu schildern. Glücklicherweise war mit Ausnahme einer Person, der Frau Kroupa, kein Menschenleben zu beklagen. Schon während des Brandes ward durch Telegramme das Unglück nach verschiedenen Richtungen bekannt gegeben und am Morgen sogleich durch öffentliche Blätter verbreitet, genauer beschrieben und zur Unterstützung aufgefordert, denn Hilfe tat Not; sie kam auch sogleich. Besonders beeilten sich bei dieser Hilfeleistung die Nachbargemeinden und Nachbarstädte. Schon am 28. erschien der k. k. Kreishauptmann von Herget aus Jitschin und erließ eine Aufforderung."

< Home >

© Copyright 2006, www.riesengebirgler.de / www.trautna.de